Foto: v. Keller Die Roteichen-Baumkönigin Victoria Wolf bei der Verkündung des Baumes des Jahres 2025 in Eberswalde
BDF fordert ein Jahr Diskussion und sachliche Abwägung
Mit der Roteiche als Baum des Jahres 2025 provoziert das Kuratorium Baum des Jahres aus Sicht des Bundes Deutscher Forstleute (BDF) eine polarisierende Diskussion. „Naturschützer werden die Roteiche wegen ihrer schlechten ökologischen Eigenschaften scharf kritisieren. Forstbetriebe sehen ihr Zuwachspotential und die Stresserträgnis im Klimawandel auf den nicht so gut nährstoffversorgten Böden. Die Holzwirtschaft wird ihre Holzqualität und die Verwertungsmöglichkeiten loben.“ ist sich Bundesvorsitzender Dirk Schäfer sicher. „Dabei nimmt die Roteiche bisher nur geringe Waldfläche ein.“
Nach der gerade veröffentlichten Bundeswaldinventur nehmen die acht Gastbaumarten aus Nordamerika (und Japan) zusammen lediglich fünf Prozent der Waldfläche ein.
Für den BDF ist die lichtbedürftige Roteiche eine durchaus interessante Baumart, gerade mit Blick auf den Klimawandel und die Wiederbewaldung der vielen Kalamitätsflächen. Die Vor- und Nachteile müssten jedoch genauer abgewogen werden. „Wir sehen die Herausforderung, die Roteiche sinnvoll in Mischwaldstrukturen zusammen mit heimischen Baumarten zu integrieren.“ So der Bundesvorsitzende Schäfer. „Es geht darum, ihre ökologischen Risiken genauer auszuleuchten und Chancen für CO2-Speicherung und Holzzuwachs zu erkennen. Zuträgliche Lösungen zu finden, dafür ist das kommende Jahr eine gute Gelegenheit.“
Hintergrund
Dr. Silvius Wodarz Stiftung - Kuratorium Baum des Jahres
Seit 1989 wird der „Baum des Jahres“ ausgerufen. Das Kuratorium Baum des Jahres gibt es seit 1991, es hat heute 32 Mitglieder, darunter auch der BDF, vor allem aus den Bereichen Forstwirtschaft, Naturschutz, Dendrologie und Gartenbau. Mittlerweile ist das Kuratorium Fachbereirat der "Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung". https://baum-des-jahres.de
Bislang vier Gastbaumarten gekürt
Unter den 34 Bäumen des Jahres zählten bislang nur vier Arten, die Rosskastanie, die Walnuss und die Esskastanie und die Robinie zu den Gastbaumarten, die allerdings schon sehr lange eingebürgert sind. So kamen die ersten Robinien um 1630 aus Nordamerika nach hier. Die Esskastanie wurde von den Römern vor etwa 2.000 Jahren über die Alpen gebracht. Die Walnuss wurde spätestens mit Karl dem Großen (ca. 800 n.Chr.) nördlich der Alpen als Obstbaum weiterverbreitet. Die Rosskastanie kam mit den Türken bereits 1576 nach Wien und dann weiter nach Mitteleuropa – ganz überwiegend als Allee- und Parkbaum.
Roteiche seit 300 Jahren
Die Roteiche kam vor mindestens 300 Jahren aus Nordamerika nach Europa und verbreitete sich zunächst als Park-, Allee- und Stadtbaum (Quelle Wikipedia). Erst Anfang des 20. Jahrhunderts gewann sie an Relevanz in unseren Wäldern (Quelle Boch, Eidg.Forschungsanstalt WSL).
Weniger als ein Prozent Roteichen im deutschen Wald
Die Bundeswaldinventur 4 von 2022 zählt für die Baumarten Douglasie, Küstentanne, Sitkafichte, Roteiche, Hickory, Robinie, Weymouthskiefer und Japanlärche fünf Prozent Flächenanteil im Wald. Lt. Wikipedia zählte die Inventur von 2012 für die Roteiche einen Waldflächenanteil von lediglich einem halben Prozent.
Beispiel: Die Niedersächsischen Landesforsten planen die Ausweitung des Roteichenanteils in ihren Wäldern bis 2055 auf ein Prozent der Waldfläche. Dabei stets in Mischung mit heimischer Buche und weiteren Begleitbaumarten. Oft als alternative Laubbaumart in den ausgedehnten Kiefernwäldern. (Quelle: Nordwestdeutsche Forstl. Versuchsanstalt, Klimaangepasste Baumartenwahl, 2019)
Chancen und Risiken sehr unterschiedlich bewertet
Die Schweizer Waldforschungsanstalt (WSL) weist in einem Beitrag darauf hin, dass die Artenvielfalt der Bodenvegetation geringer sei, als bei heimischen Baumarten und dass die Lebensgemeinschaften in der Baumkrone deutlich geringer sind als bei der heimischen Stieleiche. Die Unterschiede seien in Mischbeständen nicht so ausgeprägt. Für holzbewohnende Käfer sei die Roteiche jedoch ähnlich attraktiv wie hiesige Eichenarten. (Quelle: Steffen Boch, WSL, 2021) Ein weiterer Beitrag der WSL bezeichnet die Roteiche als „wüchsig und attraktiv“. (Quelle: Ruhm, 2013 zitiert aus Waldwissen.net)
Der Fernseh-Förster, Peter Wohlleben, sieht die Roteiche sehr kritisch. Das Laub sei für „viele Bodenlebewesen sehr giftig“ und in aufgelichteten Wäldern breite sich die Roteiche invasiv aus. (Quelle: Instagram Okt.24)
Die Forstliche Versuchsanstalt Baden-Württemberg bewertet im Jahr 2003 die Möglichkeiten der raschwüchsigen Lichtbaumart als positiv. Die ökologischen Auswirkungen und Risiken seien gering. (Quelle: Seidel/Kenk, AFZ 1/2003 S.28-31, zitiert aus Waldwissen.net)
Der Tagesspiegel berichtete 2005, dass die Berliner Forsten Roteiche in größerem Maßstab abholzten, weil der großkronige Baum „eher fremd“ sei im Wald. Der Baum wirke auf Insekten abstoßend, passe nicht ins Ökosystem und mache die Wälder steril. Die Waldexpertin eines großen Umweltverbandes stellt in dem Bericht die Roteiche auf eine Stufe mit der invasiven Amerikanischen Traubenkirsche.
Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft berichtet 2003, dass der Besatz an Gliederfüßlern an Roteichen geringer ist und rät von einem Anbau in Reinbeständen und in Nadelwaldbeständen ab. Für die Zukunft seien jedoch weitere Anpassungen der heimischen Fauna zu erwarten. (Quelle: Goßner, LWF aktuell Nr. 45; zitiert aus Waldwissen.net)
Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW weist auf die guten Wuchseigenschaften und interessanten Holzverwertungsmöglichkeiten hin. Die Roteiche sei ökologisch gut in naturnahe Waldökosysteme einzelweise oder als Gruppe zu integrieren. Selbst der Hirschkäfer sei in der Lage alte Roteichenwurzeln zu besiedeln. (Quelle: Burkhardt, 2018 zitiert aus Waldwissen.net)