500 Tsd. Hektar plus X, das ist nur die Formel für die seit 2018 verloren gegangenen Waldbestände. Dazu kommen ungezählte Problemlagen in Wäldern, die unter ausbleibenden Niederschlägen und sommerlicher Dürre leiden. Mit Blick auf den Weltbodentag erinnert der Bund Deutscher Forstleute (BDF) daran, wie wichtig es ist, die immensen Schadensflächen wieder zu bewalden, auch um die Humusvorräte der Waldböden zu bewahren. Für die Neuanlage von Wald kommt es für den BDF ebenso wie beim Waldumbau von Monostrukturen zu Mischwäldern darauf an, die Humusbildung und die Aktivität der Bodenorganismen zu verbessern.
„Humusreiche Waldböden sind Grundlage für widerstandsfähige Wälder,“ so Bundesvorsitzender Ulrich Dohle. „Sie nehmen mehr Wasser auf und können helfen Hochwasserspitzen zu brechen, sie erleichtern das Überleben der Bäume in Dürreperioden und sie verbessern die Grundwasserbildung und das lokale Klima.“
Ein Vordenker auf diesem Gebiet ist auch das BDF-Mitglied Ludwig Pertl. Der Förster hat in seiner aktiven Dienstzeit im bayrischen Landkreis Landsberg seinen Fichtenwald frühzeitig mit Laubbaumarten umgebaut und legte dabei besonderen Wert auf einen lebendigen und gesunden Boden gelegt, der die Laubabfälle gut verwertet, intensiv durchwurzelt ist und eine Menge an Regenwürmern enthält. Dabei initiierte er frühzeitig Trinkwasser- und Energieholzprojekte und wirkte an dem Waldanpassungsprojekt FutureForest seines Landkreises mit.
Einen wegweisenden Forschungsansatz zu den Bodenlebewesen lieferte 2021 die Forstliche Versuchsanstalt Baden-Württembergs aus Freiburg mit ihrem erstmaligen Waldbodenmonitoring. 129 Probenpunkte wurden auf Regenwürmern, Laufkäfer, Hornmilben und Springschwänze untersucht. Dabei kamen die für intakten Waldboden so wichtigen Regenwürmer im Vergleich zum Nadelwald im Mischwald doppelt und im Laubwald dreimal so häufig vor. Besonders Mischwälder seien Hotspots der Bodentiervielfalt, notierten die Forscher in ihrem Bericht.
Hintergrund
Im Waldboden wird rund um die Uhr gewerkelt
Ein Merkblatt der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL liefert eine gute Definition der ungeheuren Dynamik, die sich unter der Erde abspielt. „Waldboden ist keine kompakte Masse, sondern ein offenes und poröses System aus organischen und mineralischen Partikeln, Bodenlebewesen, Wurzeln, Luft und Wasser Er ist eine Dauerbaustelle, wo rund um die Uhr Material abgebaut, umgebaut und Neues geschaffen wird. Der Waldboden ist zudem mit seinem Reservoir von Nährstoffen und Wasser ein Lebensraum für Pflanzen und Tiere sowie ein Filter und Puffer für zahlreiche Substanzen.“ https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/waldboden/der-waldboden-lebt
Unverzichtbare Regenwürmer
Die über 30 Regenwurmarten schaffen ein eigenes Hohlraumsystem im Boden in Form von ausgekleideten Röhren, die bis zu zwei Meter tief reichen. Im Extremfall können es auch zehn Meter sein. Das Bohren der Gänge belüftet den Boden und erhöht die Wasserspeicherkapazität. Indem sie Blattteile in die Gänge ziehen, durchmischen die Würmer den Boden und mit ihrem Regenwurmkot erhöhen sie die Bodenfruchtbarkeit. Im Darm des Wurmes werden die zunächst unverdaulichen organischen und anorganischen Bestandteile durch Darmsekrete miteinander verkittet und es werden feste organo-mineralische Verbindungen, bzw. Ton-Humus-Komplexe gebildet (Topp 1981), die ein Krümelgefüge ergeben und die Bodenstruktur festigen, was Erosion vermindert und Wasseraufnahme fördert (Spiegel 2011). Die auf der Streuoberfläche befindlichen Bakterien und Pilze werden während der Darmpassage nicht abgetötet und tragen zur Zersetzung der pflanzlichen Substanz im Darm des Wurmes bei. Das Absetzen der Kothaufen mit leicht verwertbaren Nährstoffen erfolgt an anderer Stelle als die Nahrungsaufnahme. Dabei kommt es zur Einmischung von Streu in den Boden bei gleichzeitiger Düngung mit Stickstoff, Phosphor und Kalium. Regenwurmkot verbessert somit maßgeblich die Bodenstruktur und ist eine Nährstoffquelle für Pflanzen und Bodenfauna. (Quelle BMEL)
Während unter Grünland bis zu 300 Regenwürmer pro Quadratmeter vorkommen können, nimmt die Anzahl im Wald in saurem und trockenem Milieu ab, also zum Beispiel in trockenen Nadelwäldern mit viel Rohhumus. Sonst sind es im Waldboden bis zu 120 Regenwürmer je Quadratmeter (WSL).
Die Schweizer Forschungsanstalt WSL erforscht die erhöhte Bindung von Kohlenstoff (CO2), die auch sehr stark von der Menge der Regenwürmer im Waldboden abhängt.
https://www.wsl.ch/de/wald/boden-und-kreislaeufe/kohlenstoff-in-boeden.html
siehe auch https://www.3sat.de/wissen/nano/221017-klimaretter-regenwurm-nano-100.html
Humusfreundliche Baumarten tragen Laub
Wie gut die Streu abgebaut werden kann, ist abhängig von ihrer Zusammensetzung. Entscheidend ist das Verhältnis Kohlenstoff (C) zu Stickstoff (N). Beim Laub von Erle, Esche, Robinie und Ulme liegen diese C/N-Werte in einem tiefen Bereich zwischen 12 und 25. Deshalb wird deren Streu rasch abgebaut. Das C/N-Verhältnis beim Laub von Bergahorn, Birke, Linde, Hagebuche, Pappel und Spitzahorn liegt in einem mittleren Bereich (zwischen 25 und 40), so dass deren Streu bereits deutlich langsamer abgebaut wird. Den langsamsten Abbau verzeichnet das Laub von Buche und Eiche und die Nadeln der Nadelbäume, denn deren C/N-Werte erreichen Werte bis 77.
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/waldboden/der-waldboden-lebt
Future Forest Projekt mit Förster Ludwig Pertl
https://www.klimaschutz-landkreis-landsberg.de/eu-life-future-forest/darum-gehts/
Waldbodenmonitoring und Bodenbiodiversität
Laut der Forstlichen Versuch- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) werden Bodenorganismen im Waldmonitoring bisher wenig berücksichtigt und vom Gesamtnaturschutz nur unzureichend betrachtet.
Mehr zum Projekt „Biodiversität von Waldböden: Bodenfauna“
https://www.fva-bw.de/top-meta-navigation/fachabteilungen/boden-umwelt/bodenfauna