19. Juli 2023
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Freiwilliges Tempolimit

Dem Wald zuliebe 90 km/h und 120 km/h

Ältere Bürger und Bürgerinnen kennen ihn noch aus den 1980er Jahren: Den freiwilligen Tempolimit-Aufkleber, der im Zuge der ersten Waldsterbensdebatte populär wurde. „Angesichts der derzeitigen Waldschäden und der stagnierenden Verkehrswende, haben wir uns entschlossen, als Interessenvertreter der im Walde arbeitenden Menschen, mit einem Aufkleber an das überfällige Tempolimit zu erinnern“, so der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Forstleute (BDF). „Alleine Tempo 120 auf Autobahnen würde sofort mehr als 50 Prozent der mit der Heizungswende angestrebten Klimagasreduktion erbringen.“ Für den BDF darf sich die Waldschadenssituation nicht weiter verschärfen, denn eine Zukunft im Klimawandel ist ohne intakte Wälder nicht vorstellbar.

Ein Tempolimit von 90 km/h auf Landstraßen und von 120 km/h auf Autobahnen bringt aus Sicht der Forstgewerkschaft weitere Vorteile für den Wald, wie eine weitere Verringerung der Stickoxide, die zusammen mit den Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft immer noch zu einer Überdüngung der Wälder führen. „Dazu kommt, dass uns allen eine Entschleunigung auf den Straßen sehr guttun würde“, führt Ulrich Dohle weiter aus, „einschließlich der Verminderung der Unfallzahlen.“  Ebenso gehört für den BDF dazu, dass die Aufnahmefähigkeit der Verkehrswege steigen würde und besonders die zumeist nur von Schnellfahrern genutzte dritte Fahrspur auf Autobahnen von mehr PKW ausgenutzt werden könnte.

„Daran soll unser Aufkleber erinnern: dass es auch anders geht“, ist sich der BDF-Vorsitzende sicher.

Hintergrund

Der Zusammenhang von Geschwindigkeit und CO2-Ausstoß

Der Luftwiderstand beim Fahren und damit der Spritverbrauch steigt exponentiell. Laut einer Beispielrechnung des Umweltbundesamtes (UBA) verdoppelt sich der CO2-Ausstoß von PKW von Tempo 80 auf Tempo 160.

Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-06-15_texte_38-2020_wirkung-tempolimit_bf.pdf

 

CO2-Reduktion bei Tempo 120 auf Autobahnen

Hatte das UBA noch 2022 eine Reduktion der CO2-Emissionen bei Tempo 120 auf Autobahnen von 2,9 Mio. to/Jahr errechnet, so rechnet das UBA aktuell mit 6,0 Mio. Tonnen Minderungspotential bezogen auf 2021.

Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/nachhaltige-mobilitaet/tempolimit

 

CO2-Reduktion bei Tempo 80 auf Landstraßen

In der vorgenannten Veröffentlichung errechnet das UBA zusätzlich 1,3 Mio. Tonnen Minderungspotential bei Tempo 80 auf sonstigen Straßen außerhalb von Ortschaften.

 

Vergleich mit der sog. „Heizungswende“

Der Focus zitiert am 23.5.2023 eine Bundestagsanfrage der Linken-Fraktion. Danach rechnet die Bundesregierung mit einer CO2-Reduzierung durch die Heizungswende von zunächst 1,7 Mio. Tonnen, ansteigend bis 2030 auf jährlich 10,5 Mio. Tonnen.

Ein Tempolimit würde also auf Anhieb und ohne wesentliche Kosten etwa 70 Prozent der schrittweise angestrebten 10,5 Mio. Tonnen aus der Heizungswende erbringen.

Quelle: https://www.focus.de/finanzen/kosten-und-nutzen-in-keinem-verhaeltnis-experte-rechnet-vor-warum-habecks-heiz-wende-ein-klima-reinfall-ist_id_193226146.html

 

Einsam in Europa – Tempolimits in Nachbarländern

Wie entspannt Autofahren geht, weiß, wer ab und zu bei den europäischen Nachbarn unterwegs ist.

Auf Landstraßen gilt nur in Deutschland, Portugal und Österreich Tempo 100 als Limit. Alle anderen Länder liegen bei 90 bzw. 80 km/h. Für Frankreich ging allein durch die Senkung der Höchstgeschwindigkeit von 90 auf 80 km/h die Zahl der Verkehrstoten um 12 Prozent zurück.
Quelle: https://www.spiegel.de/auto/tempolimit-auf-landstrassen-und-bundesstrassen-80-statt-100-a-cce9af8a-9a87-4fad-b341-e5572675ff70

Auf Autobahnen gilt in allen europäischen Staaten ein Tempolimit von 130 km/h und weniger. Einzige Ausnahmen sind Deutschland (Richtgeschwindigkeit 130 km/h) und Polen (Tempolimit 140 km/h). Quelle: https://www.br.de/radio/bayern1/tempolimit-europa-100.html

 

Stickoxide – Überdüngung von Wäldern

Stickstoffoxide überdüngen und versauern Waldökosysteme. Im niedersächsischen Waldzustandsbericht 2022 wird darauf hingewiesen, dass trotz überproportional starker Abnahme der Stickoxidemissionen im Bereich „Verkehr“ noch 40 Prozent aus diesem Sektor stammen. Die Niedersachsen verzeichnen Gesamtstickstoffeinträge in ihren Beobachtungsflächen von 12.3 kg bis 23.4 kg/Hektar. Das ist deutlich mehr, als die Wälder verbrauchen können und deutlich mehr als im Freiland. Die Baumkronen kämmen diese Stoffe regelrecht aus der Luft.

 

Weniger Flächenverbrauch bei Tempolimit?

Mit einem Tempolimit erhöht sich Kapazität der Autobahnen. Durch die gleichmäßigeren Geschwindigkeiten gäbe es weniger Staus und dadurch ließen sich mehr Autos in derselben Zeit über einen Abschnitt bewegen. Das wäre sinnvoller, als einen (auch Waldflächen verbrauchenden) immer weiteren Zubau von Straßen.

Hier die Pressemitteilung als PDF.