06. Oktober 2022
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Mehr Wald in Deutschland?

Forstgewerkschaft begrüßt Forderung der Umwelministerin und fordert konkrete Ausgestaltung

Auf dem gerade beendeten WaldKlimaGipfel in Berlin forderte Umweltministerin Steffi Lemke im Einklang mit dem Ziel der Vereinten Nationen die Waldfläche bis 2030 um drei Prozent zu steigern, auch in Deutschland mit „gutem Beispiel“ voranzugehen. Der Bund Deutscher Forstleute begrüßt das Ziel der Waldvermehrung, welches das Umweltministerium in sein Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz aufgenommen hat.

„Wir begrüßen das Ziel, in Deutschland mehr Wald zu schaffen“, so Bundesvorsitzender Ulrich Dohle. „Aufgrund des Wettbewerbes um die Ressource Boden bedarf es dazu allerdings eines eigenen Waldvermehrungsfonds und einer Stabsstelle Waldvermehrung um aus dem Wunsch reale neue Wälder entstehen zu lassen.“ Neben den waldarmen Bundesländern seien neue oder erweiterte Grüngürtel in Ballungsräumen und um andere besiedelte Bereiche, Laubwaldaufforstungen in Trinkwasserschutzgebieten, Vernetzung bestehender Wälder und Agroforst-Systeme in den landwirtschaftlichen Großflächengebieten vorrangig anzugehen. „Zudem sehen wir die Notwendigkeit einen weiteren Fonds „Mehr Stadtgrün“ vor allem für mehr Bäume in Städten ebenso wie in kleineren Siedlungen einzurichten“; so der BDF-Vorsitzende weiter. „Vermehrte Entsiegelung und Pflanzung von kühlenden Bäumen in den Siedlungsräumen müssen jetzt erfolgen, damit sie für unsere Enkel klimawirksam werden.“

Das Ziel der Waldvermehrung sollte nach Vorstellung der Forstgewerkschaft auch als konkretes Ziel in die anstehende Novellierung des Bundeswaldgesetzes aufgenommen werden. „Dem von uns schon seit langem geforderten Bundesamt für Wald könnte diese Aufgabe auf Bundesebene sehr gut übertragen werden“, findet Ulrich Dohle.

Der BDF warnt allerdings auch vor überzogenen Erwartungen. „Wenn in Deutschland der Wald zum Beispiel bis 2030 um ein Prozent vermehrt werden soll, sind dies abgerundet 100.000 Hektar oder 1.000 Quadratkilometer“, rechnet der BDF-Vorsitzende vor. „Das wären bis 2030 jährlich 15.000 Hektar neuer Wald in Deutschland. Das ist auch angesichts der Aufgaben der dringenden Wiederaufforstung (aktuell 500.000 Hektar) und des zu intensivierenden Waldumbaus (prioritär 2,8 Mio. Hektar) bei gleichzeitig absehbar knappen Finanzen und dem derzeitigen Mangel an Forstpersonal nicht zu schaffen.“ Gleichwohl hält es der BDF für wichtig, den Impuls in praktisches Handeln mit Personal und finanzieller Ausstattung umzusetzen, um die Waldvermehrung langfristig zu beschleunigen. „Wir würden es begrüßen, wenn sich die Umweltministerin und der Landwirtschaftsminister über eine gemeinsame Waldvermehrungsstrategie verständigen würden, die dann in die für Waldfragen zuständigen Bundesländer getragen werden müsste.“ Konkretisiert Ulrich Dohle.

 

Hintergrund

Zitat Umweltministerin Lemke auf dem WaldKlimaGipfel (Quelle hier)

Zudem hob Lemke hervor, dass Deutschland seine Waldfläche vergrößern müsse. Internationale Zielsetzungen wie etwa der Strategische Plan für Wälder der Vereinten Nationen 2017-2030 würden vorsehen, dass die globale Waldfläche um drei Prozent zunehme. „Der Beitrag Deutschlands zu diesem internationalen Ziel sollte deshalb nicht nur darin bestehen, andere Länder dabei zu unterstützen ihre Waldflächen dauerhaft zu erhalten. Wir müssen selbst mit gutem Beispiel vorangehen“, betonte Lemke.

Grundlage ist das Anfang September 2022 vorgestellte Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK), welches bis 2026 mit vier Milliarden Euro ausgestattet ist. Von den zehn Handlungsfeldern betrifft eines direkt die Wälder.

  1. Schutz intakter Moore und Wiedervernässungen
  2. Naturnaher Wasserhaushalt mit lebendigen Flüssen, Seen und Auen
  3. Meere und Küsten
  4. Wildnis und Schutzgebiete
  5. Waldökosysteme
  6. Böden als Kohlenstoffspeicher
  7. Natürlicher Klimaschutz auf Siedlungs- und Verkehrsflächen
  8. Datenerhebung, Monitoring, Modellierung und Berichterstattung
  9. Forschung und Kompetenzaufbau
  10. Zusammenarbeit in der EU und international

 

Waldanteil der Bundesländer

Ein Kriterium für die Waldvermehrung könnte das sehr unterschiedliche Bewaldungsprozent der Länder sein (Karte BMEL_Waldverteilung in Deutschland)

Unter dem Bundesdurchschnitt von 32 Prozent Waldanteil liegen - die Stadtstaaten ausgenommen:

 

Urbanes Grün und Stadtwälder

Stadtbegrünung wird mit zunehmenden Hitzerekorden durch den Klimawandel immer wichtiger für lebenswerte Urbane Räume.

Der BDF hat sich hier und hier dazu geäußert.

Vom BMU gibt es ein umfangreiches Grünbuch Stadtgrün.

Gute Themeneinführung bei planet-wissen hier.

 

Agroforstwirtschaft

Die Verknüpfung von land- und forstwirtschaftlicher Nutzung war früher in Deutschland weit verbreitet und ist heute noch weltweit üblich. Mit Blick auf den Klimawandel bietet die Unterteilung großer Ackerfluren durch Pflanzungen viele Vorteile, wie die Verhinderung von Staubstürmen und Bodenerosion und die Zurückhaltung von Feuchtigkeit für die Nutzpflanzen.

Ein eigener Fachverband für Agroforstwirtschaft stellt auf seiner Deutschlandkarte fast einhundert Agroforstprojekte vor - https://agroforst-info.de/agroforst-landkarte/.

 

Trinkwasserwald

Wälder bieten einen unbelasteten Speicher- und Versickerungsraum für Niederschlagswasser. Während der Versickerung ist Waldboden ein optimaler Filter. Die „Wasserspende“ von Laubwäldern ist am höchsten. Info hier

Zum Schutz vor Nitrateintrag lässt ein niedersächsischer Wasserverband (OOWV) landwirtschaftliche Böden in Wassereinzugsgebieten aufforsten Info hier.

 

Landschaftsvernetzung durch Wald

Beim Biotopverbund und für naturnahe Trittsteinflächen in beeinträchtigten Landschaften können die Anlage von Wald oder die Pflanzung von Bäumen eine Rolle spielen.

Beispiel Biotopvernetzung Baden-Württemberg hier.

 

Die Pressemitteilung finden Sie hier als PDF