Förster und Försterinnen weiter stark gefordert
Die Forstgewerkschaft Bund Deutscher Forstleute (BDF) zeichnet aktuell ein differenziertes Bild der Lage in den deutschen Wäldern. „Die gefühlt sehr nasse und kühle Witterung in diesem Frühjahr bringt eine kurzfristige Entlastung für die Wälder, die Oberböden sind zumeist gut gesättigt“, so Bundesvorsitzender Ulrich Dohle. „Entscheidend für die Vitalität unserer Bäume sind jedoch die Wasservorräte in den tieferen Bodenschichten, die die Bäume über den Sommer versorgen.“ Hier sehen die FörsterInnen und weitere Experten, dass vielerorts der Waldboden nicht genügend Wasser aufgenommen hat.
Mit dem jetzt einsetzenden warmen Wetter beginnt zudem die Flugsaison der Borkenkäfer. „Mit dem schönen Wetter erwarten wir ein explosionsartiges Auftreten der Borkenkäfer aus dem Winterquartier“, so Förster Dohle. „Hier sind alle Kräfte in den Revieren gefordert, mit den vorhandenen Möglichkeiten die erste Ausbreitungswelle zu bremsen.“ Positiv vermerkt der BDF, dass in diesem Jahr nach Expertenbeobachtung die Käfer auf abwehrgestärkte Fichten treffen und der um gut vier Wochen verspätete Flug die mögliche Brutzeit deutlich verkürzt.
Eine wirtschaftliche Erholung der Betriebe und Waldbesitzenden ist dagegen noch nicht in Sicht. „Während die Sägeindustrie wegen der immensen Holznachfrage Sondergewinne einfährt, steigen unsere Rohholzpreis nur langsam. Wir befürchten einen langfristigen Imageschaden für den gerade aufkommenden Holzbau, indem sich die Bauherren wieder anderen vermeintlich zuverlässigeren Baustoffen zuwenden“, ist BDF-Vorsitzender Dohle mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für die Forstwirtschaft gar nicht zufrieden.
Wasser in tieferen Schichten nicht angekommen
Betrachtet man das abermals heiße und trockene zurückliegende Jahr, dann ist es nachvollziehbar, dass die Bodenwasservorräte, die in unseren Breiten im Winter wieder aufgefüllt werden, sehr gelitten haben. „Die Niederschlagsdaten des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass an vielen Messstellen über den Winter bis jetzt zwar regelmäßiger Niederschlag gemessen wurde, die Mengen reichen jedoch oft nicht über den langjährigen Durchschnitt hinaus“, so BDF-Pressereferent Rainer Städing. „Der aktuelle Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums Leipzig deckt sich mit unseren Beobachtungen, gut wassergesättigter Oberböden, die den Wäldern und besonders den Wiederaufforstungen im Moment gut helfen. Aber in den tiefen Bodenschichten bis ca. zwei Meter sieht es besonders in den östlichen Bundesländern, aber auch in allen anderen Ländern weiterhin nicht gut aus.“ Zusammen mit der bis Ende Mai anhaltenden kühlen Witterung haben die Wälder nach Beobachtung des Berufsverbandes von der Situation profitiert, was sich auch im üppigem Frühlingsgrün zeige. Der Verlauf des Sommers werde aber zeigen, wie vor allem die gefährdeten Waldbereiche zurechtkämen.
Explosionsartiger Käferflug steht bevor
Volle Konzentration ist für das Forstpersonal in den Wäldern mit dem jetzt einsetzenden warmen Wetter erforderlich. Die großen Mengen an Borkenkäfern, die unter Baumrinde oder im Waldboden überwintert haben, werden, so die Experten, „explosionsartig“ ausfliegen. Daher müssten alle Kräfte gebündelt werden um die erste Welle zu brechen. Positiv sei nach Aussagen von Experten die Beobachtung, dass viele Fichten sich erholt haben und zum Teil wieder in der Lage sind den Käferanflug mit Baumharz abzuwehren. „Zudem ist durch den um vier Wochen verspäteten Käferflug die Vermehrungszeit bis zum Herbst geringer, so dass man vorsichtig optimistisch sein kann, was die weitere Entwicklung angeht“, so Vorsitzender Ulrich Dohle.
Aus Überangebot wird Bauholzknappheit
Mit Unverständnis und Sorge betrachten die im Wald Beschäftigten weiterhin die wirtschaftliche Lage für die Forstwirtschaft. Dem Überangebot an Fichtenholz aus den Schadensgebieten folgte ein rapider Preisverfall, der für den BDF den durchaus berechtigten Ruf nach staatlicher Hilfe zur Wiederaufforstung der Wälder begründete. „Wir haben seit mindestens einem halben Jahr aufgrund der globalen Nachfrage einen Run auf Bauholz aus Deutschland“, schildert Dohle die Situation. „Die Verdoppelung der Schnittholzpreise führen zu Sondergewinnen in der Sägeindustrie, während der Forstwirtschaft weiter keine auskömmlichen Rundholzpreise gezahlt werden.“ Für die Forstgewerkschaft ist dabei besonders beunruhigend, dass die Sägeindustrie für kurzfristige Profitinteressen den guten Ruf des Holzes als Baustoff aufs Spiel setzt. „Das Bauen mit umweltfreundlich erzeugtem Holz aus unseren nachhaltig bewirtschafteten Wäldern nimmt nach jahrelangem Werben gerade Fahrt auf und wird jetzt leichtfertig aufs Spiel gesetzt, wenn die Holzbaubetriebe keine Versorgungssicherheit mehr haben.“ Für diese Form globalisierter Wirtschaft hat der Bund Deutscher Forstleute kein Verständnis und er ist sich sicher, dass viele Bürger das genauso sehen, denn Holz kann seinen ökologischen Vorteil besonders in regionalen Wirtschaftskreisläufen behaupten. Holz wächst zwar immer wieder nach. Trotzdem ist es ein begrenztes Gut, mit dem sorgsam umgegangen werden muss.
Erwartungen an den Nationalen Waldgipfel
Am Mittwoch, den 2. Juni hat Bundeswaldministerin Julia Klöckner zum 2. Nationalen Waldgipfel eingeladen und wird dort Bilanz ziehen. Bereits im September 2019 hatte die Ministerin nach Aufforderung des BDF zum ersten Nationalen Waldgipfel eingeladen. Ergebnis war das größte Hilfspaket für die deutsche Forstwirtschaft in der Geschichte – mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Nach der Soforthilfe muss es nun darum gehen, eine Langfristperspektive für unsere Wälder zu entwickeln – die Nationale Waldstrategie 2050. „Priorität muss die ökologische Stabilität unserer Wälder haben“, betont Ulrich Dohle. „Dazu sind die Anstrengungen der Mischwaldentwicklung und des Waldumbaus deutlich zu verstärken.“ Die zum 1. Waldgipfel in 2019 formulierten Ziele - Aufstockung des Forstpersonals und Novellierung des Bundesjagdgesetzes - lassen weiter auf sich warten. Die nötige Personalvermehrung findet sich im Entwurf der Waldstrategie 2050 nicht wieder „Beides ist für uns Forstleute eine große Enttäuschung, denn ohne deutliche Verbesserungen beim Personal und beim Jagdrecht sind die Waldumbauziele nicht erreichbar, sondern werden scheitern. Da helfen auch keine weiteren Milliardenbeträge!“ so die nüchterne Zwischenbilanz des Bundesvorsitzenden. Das bundeseigene Thünen-Institut für Waldökosysteme hatte zuletzt im Februar publiziert, dass der notwendige Waldumbau in den kommenden dreißig Jahren auf 95.000 Hektar pro Jahr vervierfacht werden müsste.
Quellen: Deutscher Wetterdienst (DWD), Niederschlagsdaten nach Wetter-Stationen und Klima-Pressekonferenzen 2020 und 2021; www.dwd.de
Dürremonitor des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Leipzig; www.ufz.de/index.php?de=37937Einen Einblick in die prekäre Situation am Bau-Holzmarkt gibt der aktuelle, etwas hilflos wirkende Appell des Dt. Holzwirtschaftsrates: www.dhwr.de/presse_aktuelle_nachrichten.php?id=2058