17. Oktober 2024
Auf Facebook teilenAuf Twitter weitersagenArtikel versenden

BDF blickt auf den Mikrozensus für den Wald

Waldinventur zeigt Risiken und Herauforderungen

Der Berufsverband Bund Deutscher Forstleute blickt mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse und den Umgang mit der vierten Bundeswaldinventur.

Der Berufsverband Bund Deutscher Forstleute blickt mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse und den Umgang mit der vierten Bundeswaldinventur. „Wir haben hier eine spannende Momentaufnahme unserer Wälder,“ so Bundesvorsitzender Dirk Schäfer. „Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass jede Interessensgruppe ihre Belange, wie verstärkte Holznutzung oder den Verlust an CO2-Bindung herauspickt und dabei das Gesamtanliegen verdrängt.“

Drei Hauptaufgaben sieht der BDF für die Zukunft.

Wälder schützen und erhalten

Für die im BDF organisierten Förster und Försterinnen steht an erster Stelle der Erhalt der Wälder und die Bewältigung künftiger Kalamitäten. „Die risikobehafteten Fichten prägen noch mit 20 Prozent unsere Wälder und sind zusammen mit den Kiefern (21,8 %), vor allem in Reinbeständen die Problembaumarten mit Blick auf den Klimawandel. Es ist also zu erwarten, dass es auch in den nächsten Jahren einschneidende Veränderungen in den Wäldern durch Borkenkäfer nach Dürre und zu weiteren Schädlingskalamitäten sowie zu Sturmschäden kommt. Forstverwaltungen und -Betriebe aber auch die mit der Forstwissenschaft befassten Einrichtungen sollten so aufgestellt sein, dass sie diese Krisen bewältigen können!“

Schadflächen vielfältig wiederbewalden

Die zweite große Herausforderung für alle Forstleute vor Ort, ist die Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen, die nach der Inventur von 2022 bei einem Fünftel der bundesdeutschen Waldflächen liegt. „Gelingt eine schnelle Wiederbewaldung mit möglichst artenreichen Mischwäldern, wird der Wald auch wieder zum CO2-Speicher. Das schützt den Waldboden, beugt Erosion und Hochwasser vor. Und es sichert künftigen Generationen den Zugang zu wertvollem Holz.“

Strukturarme Wälder zeitnah umgestalten

Die dritte Herausforderung, eine Jahrhundertaufgabe, ist der Umbau der gefährdeten Waldanteile in stabilere Mischwälder mit deutlichem Laubbaumanteil. So mahnte das bundeseigene Thünen-Institut bereits vor einigen Jahren eine Vervierfachung des Tempos an und geht von einem jährlichen Waldumbau von 95.000 Hektar (= 950 Quadratkilometer) aus, um 2050 am Ziel zu sein. Dirk Schäfer: „Das ist wie der Wettlauf zwischen Hase und Igel: schaffen wir den Waldumbau vor weiteren Klimaänderungen?!“

„Wir glauben, dass unser Ziel die Wälder für Klimaschutz, Artenvielfalt und Erholung sowie die Rohstoffversorgung zu erhalten, bei den Bürgern und Bürgerinnen breite Zustimmung findet. Neben dem gesellschaftlichen Konsens brauchen wir Handlungssicherheit über alle Parteien hinweg:  die Wälder und die ihn bewirtschaftenden Forstleute dürfen nicht (wieder) zum Spielball von Einzelinteressen werden, die zu Personaleinsparung, Waldverkauf, mangelnder Betreuung für Waldbesitzende oder fehlenden Finanzierungen führen,“ ist BDF-Bundesvorsitzender Dirk Schäfer überzeugt. „Mit Blick auf den Klimawandel prägt das Prinzip Hoffnung auch die Anstrengungen zum Erreichen widerstandsfähiger Wälder. Dieses Ziel lohnt für uns als Gesellschaft alle Mühen.“

 

Hintergrund

1. Ein paar Fakten aus der Bundeswaldinventur (BWI4)

 

2. Mischwald als zukünftiges Ziel

Beispiel 1:

Der Forstbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen Wald und Holz NRW empfiehlt in seinem Wiederbewaldungskonzept *„Die Kombination von möglichst vier standortgerechten Baumarten auf der Fläche mit einem Mindestanteil von 10 % je Baumart“ (S. 21).

In beispielhaften Grafiken empfiehlt der Betrieb eine kleinflächige Mischung der Baumarten unter Beachtung von Bereichen für natürliche Waldentwicklung (Sukzession), für Waldrandsträucher und zur Übernahme bereits vorhandenen Baumbewuchses (S. 50 ff.)

Im Waldbaukonzept** des gleichen Betriebes werden neben 26 heimischen Laubbaumarten und 9 Nadelbaumarten noch 6 nichtheimische „Experimentierbaumarten“ auf maximal 10 %

der Pflanzfläche zugelassen (S. 36).

*https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Publikationen/Broschueren/Wiederbewaldungskonzept_nrw.pdf

**https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Publikationen/Broschueren/Waldbaukonzept_nrw.pdf

Beispiel 2:

Die Landesforsten Rheinland-Pfalz setzen sehr stark auf eine Mischung aus prophylaktischer Pflanzung in Gruppen, aus natürlicher Wiederbewaldung (Sukzession) und aus Ergänzungspflanzung, wo nötig. (Quelle: Waldbildungszentrum Rheinland-Pfalz im Forstamt Hachenburg). Je nach Standort sind 19 heimische Laubbaumarten und 4 heimische Nadelbaumarten zur Einbringung vorgesehen. Dazu 5 nichtheimische Laubbaumarten und 3 nichtheimische Nadelbaumarten, so die Grundsatzanweisung Waldverjüngung im Klimawandel, Anhang 1*.

Im Anhang 2 derselben Richtlinie werden ca. 25 ergänzende Baumarten aus dem „europäisch-asiatischen Kontaktbereich“ zur Einmischung bis maximal 20 % freigegeben.

*https://www.wald.rlp.de/fileadmin/website/downloads/5bewahren/Grundsatzanweisung_Waldverjuengung_im_Klimawandel.pdf

 

3. Waldumbau

Das Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde berechnete im Jahr 2021, dass ein Viertel der Gesamtwaldfläche in Deutschland (2,85 Mio. Hektar) einem hohen Risiko durch Trockenheit und Schaderregerbefall ausgesetzt sind.

Um die fraglichen Fichten- und Buchenwälder zur Klimaanpassung umzugestalten müssten 95.000 Hektar pro Jahr umgebaut werden, um bis 2050 fertig zu werden. Dies sei eine Vervierfachung der bisherigen jährlichen Umbaufläche, konstatierten die Wissenschaftler.

Der Kapitalbedarf hierfür betrage über die nächsten 30 Jahre zw. 14 bis 43 Mrd. Euro.

Quelle: AFZ/DerWald 4/2021 - literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn063364.pdf

 

4. Rechnung ohne das Forstpersonal

Aus Sicht des Bund Deutscher Forstleute wird, wie beispielsweise beim vorgenannten forcierten Waldumbau, gerne vergessen, dass für diese Aufgaben genügend Forstpersonal vorhanden sein muss. Nach einer nicht repräsentativen Umfrage in 13 Landesverbänden betrug der Abbau beim Forstpersonal vom Jahr 2000 bis 2019 ca. 38 %, von 1990 bis 2019, also über einen Zeitraum von 20 Jahren 60 Prozent über alle Forstberufe.

In seinem Waldprogramm fordert der BDF daher für die immer umfangreicheren und anspruchsvolleren Aufgaben zehntausend zusätzliche Stellen im Forstbereich. Aktuell finden sich aufgrund des Generationenwechsels in vielen Forstbetrieben und -Verwaltungen jedoch kaum genug Nachwuchskräfte für die Wiederbesetzung der freiwerdenden vorhandenen Stellen.

 

5. Wald für alle

Seine wald- und forstpolitischen Positionen hat der BDF im gerade aktualisierten Waldprogramm „Wald für alle“ übersichtlich und gut nachlesbar aufbereitet.

https://www.bdf-online.de/der-bdf/positionen/ oder BDF Waldprogramm 2024