08. September 2022

100 Jahre Dauerwald-Idee

Überzeugender Ansatz für Zukunftswald

  • Foto von Alfred Möller
    Alfred Möller

Vor einhundert Jahren, Anfang September 1922, fand in Dessau eine große Förstertagung mit einem überragenden Thema statt: Die Dauerwald-Idee des Forstprofessors Alfred Möller aus Eberswalde und seine praktische Umsetzung in einem unscheinbaren Kiefernwald nahe Dessau. Während Möller, auch vor dem Hintergrund eines dreijährigen Forschungsaufenthaltes im Amazonas-Regenwald, seine Theorie von Wald als ganzheitlichem System entwickelte, wandelte der studierte Forstwirt Friedrich von Kalitsch, seinen ererbten Wald in Bärenthoren nach eben jenen Prinzipien in einen kahlschlagfreien Mischwald um.

„Die Dauerwaldidee mit ihrem ökosystemaren Ansatz ist für uns heute aktueller denn je“, ist Ulrich Dohle, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute (BDF) überzeugt. „auch unser diesjähriges Waldgebiet des Jahres, die Erdmannwälder im niedersächsischen Landkreis Diepholz, entsprechen dem Dauerwaldprinzip. Diese kahlschlagfreie Form des Mischwaldes hat die Waldkatastrophen der letzten vier Jahre fast unbeschadet überstanden.“

In Sachsen-Anhalt selbst, setzt sich der Landesverband der Forstgewerkschaft BDF dafür ein, dass die Möglichkeiten, die das Dauerwaldrevier Bärenthoren bei der Lösung von Fragen zum Zukunftswald bietet, von allen Verantwortlichen verstanden und aktiv unterstützt werden.

 

Hintergrund

Der Forscher

Alfred Möller (1860-1922) erforschte drei Jahre bei seinem Onkel, dem Naturforscher und Darwin-Anhänger Fritz Müller den brasilianischen Regenwald. Dadurch beeinflusst, entwickelte er seinen Dauerwaldgedanken, der die „Stetigkeit des Waldwesens“ zum Prinzip machte und dabei Kahlschläge ausschloss. Ebenfalls räumte er der Humus- und Bodenpflege einen großen Stellenwert ein. Dabei ging er davon aus, dass im ohne Unterbrechung wachsenden Wald eine größtmögliche Holzerzeugung möglich sei. Zitat Möller „Soll dessen Stetigkeit gewahrt bleiben, so müssen an Stelle der geernteten Bäume schon andere vorhanden sein, die ihren Platz ausfüllen, niemals darf auf größerer zusammenhängender Fläche alles vorhandene Holz abgeräumt werden, denn damit ist das Waldwesen zerstört.“ Das Zusammenspiel der Arten, nicht nur im Wald, hatte Möller schon früh mit dem experimentellen Nachweis der Symbiose von Pilz und Alge bei den Flechten beschäftigt. In Brasilien wies er nach, dass Blattschneider-Ameisen Pilzgärten anlegen.


Der Praktiker

Friedrich von Kalitsch hatte Forstwirtschaft studiert und übernahm 1884 den elterlichen Waldbesitz im Fläming. In dem 740 Hektar großen Kiefernwaldrevier führte er keinen Kahlschlag mehr durch, er stellte den Vieheintrieb ein. Bodenstreu und Leseholz wurden nicht mehr genutzt. Mit vorsichtigen Holznutzungen im zweijährigen Turnus gelang es ihm binnen drei Jahrzehnten die vormals völlig devastierten Bärenthorener Wälder zu einem mehrstufigen vorratsreichen Kiefernwald zu entwickeln. Friedrich von Kalitsch und Alfred Möller betrachteten den Wald als Gesamtorganismus. Für beide war die „Stetigkeit des Waldwesens“ ein zentraler Grundbaustein in ihrer Betrachtung bei der Waldbewirtschaftung.  1911 besuchte Alfred Möller das Waldrevier und fand dort seine Dauerwald-Vorstellungen praktisch umgesetzt. 1920 wurde Bärenthoren durch eine Veröffentlichung von Professor Möller über den „Kiefern-Dauerwald“ so bekannt, dass bis 1922 an die dreitausend Förster nach Bärenthoren pilgerten.

 

Waldgebiet des Jahres 2022 – Erdmannwälder: https://www.bdf-online.de/waldgebiet-des-jahres/2022/

 

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