Waldgebiet des Jahres 2024

Mehr als 2000 Jahre Waldbesitz

Die Anfänge bei den Römern

Ein Blick zurück in die lange Geschichte der Stadt ist dienlich, um die heutigen Verhältnisse zu erklären. Augsburg ist nicht nur zweitgrößter, kommunaler Waldbesitzer Deutschlands sondern auch die zweitälteste Stadt Deutschlands. Hervorgegangen ist sie aus dem römischen Heerlager »Augusta Vindelicorum«. Noch heute ziert der Pinienzapfen des römischen Heeres das Stadtwappen. Römer kamen entlang des Lechs über die Alpen und errichteten einen großen Versorgungsstützpunkt am Zufluss der Wertach in den Lech. Schon zu dieser Zeit wurde der umliegende Wald als Rohstofflieferant genutzt.

Holzhunger in der Blütezeit Augsburgs

Zur Zeit der Renaissance war Augsburg die Stadt der europäischen Hochkultur. Nach dem Ende der Zunftherrschaft (1547) entwickelte sie sich von Beginn der Neuzeit bis zum Ende der Renaissance zu einem der bedeutendsten Handels- und Wirtschaftszentren der Welt, was vor allem auf den Einfluss der Kaufmannsfamilien Fugger und Welser zurückging. Zugleich war Augsburg Bischofssitz und freie Reichsstadt. Nach Prag und Köln war sie um 1550 drittgrößte Stadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen mit damals rund 30.000 Einwohnern. Die zahlreichen Menschen benötigten viel Holz. Holz war der einzig vorhandene Rohstoff zur Nutzung als Brennholz und Baumaterial. Später wurde das schwäbische Zentrum berühmt für die Textilindustrie, vor allem für Spinnerei und Weberei mit dazugehöriger Färberei. Die große Ansammlung wohlhabender und gläubiger Bürger führte zur Gründung vieler Stiftungen, die sich um arme und kranke Mitmenschen kümmerten. Diese Stiftungen investierten in Güter und Ländereien und damit auch in Wald im Augsburger Umland. Der erste Waldbesitz im Umland, damals eine Schenkung, stammt aus dem Jahr 1249.

Die große Reichsstadt Augsburg hatte einen riesigen Holzhunger. Die Bevölkerung musste mit dem Rohstoff Holz versorgt werden. Holz wurde aber auch für die großen Brennkessel in den ebenfalls aus Holz erbauten Industriegebäuden benötigt. Immer wieder brannten ganze Stadtteile ab oder wurden von einem Lechhochwasser zerstört. Um letzteres zu verhindern, wurden Uferschutzverbauungen angelegt. Auch sie verschlangen riesige Mengen an Holz. Kriegsverwüstungen schädigten die Stadt, sodass für den Wiederaufbau immer wieder große Mengen an Holz benötigt wurden. Für die Stadt Augsburg sicherten Wälder und der Transport des eigenen oder fremden Holzes über die Flüsse Lech und Wertach das Überleben.

1545 kam es wieder einmal zu einer großen Holznot in Augsburg. So musste sich der Rat der Reichstadt wiederum nach neuen Wegen umsehen, um den außergewöhnlich hohen Bedarf an Bauholz, Werkholz und Brennholz decken zu können. Der Stadtrat kaufte daraufhin von 1540 ab bis 1624 im »oberländischen Tirol« bei Reutte, Namlos und Fallerschein (Lechtal, Tirol) rund 400 – 500 ha »auf Stockraum«, das heißt ohne Grund und Boden, nur zur Abnutzung des Holzes. Über den Fluss kamen Fichten mittels Flößen aus dem »Oberland«. Das Holz wurde geerntet und im Lech zu Flößen zusammengebunden. Sie gelangten über Landsberg nach Augsburg, aber auch weiter lechabwärts zur Donau. Die Flöße dienten nicht nur als Transportmittel für Bauholz, sondern ebenso für Holzkohle, gebrannten Kalk, Waren aus Italien und Österreich sowie dem Transport von Reisenden. Es wurden Waren bis Wien und Bukarest geflößt. Augsburg mit seinem Hochablass und der Floßlände war dabei stets wichtiger Anlaufpunkt, meist sogar Endpunkt für die Flößer. Um 1600 flößten die »Lechfergen« 3.500 Flöße pro Jahr. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren es immer noch 3.300 jährlich. Die Flöße wurden ab 1876 auf eine Länge von 40 Metern und eine Breite von 7 m begrenzt. Ein normales Lechfloß bestand demnach aus rund 100 Festmeter (fm) Fichtenholz. Somit kamen jährlich an die 300.000 fm Holz aus dem Oberland in Richtung Augsburg über den Wasserweg – in erster Linie die begehrte Fichte.

Der Waldbesitz vor den Stadttoren

Natürlich wurde aber auch versucht, sich den Waldbesitz direkt an der Stadt zu sichern. Im Jahr 1602 erwarb die Stadt Augsburg von Bischof Heinrich von Knoeringen im Tausch gegen Grundbesitz in Anhausen und Eppisburg den Kernbereich des heutigen Siebentischwaldes. Dies war nicht nur wegen Holzes von Bedeutung. Durch diesen Grundbesitz konnte die Wasserversorgung der Bürger gesichert werden.

Die Rechte am weiter südlich gelegenen, für die Wasserversorgung ebenfalls wichtigen, Haunstetter Wald zu erlangen, gestaltete sich als schwieriger. 1721 erhielt die Stadt den Haunstetter Wald als ein Pfand auf 40 Jahre von Kurfürst Max Emanuel von Bayern. 1924 konnte der Wald dann nach mehreren gescheiterten Versuchen final von Kommerzienrat Johann Pfeffer erworben werden, der ihn wiederum von Marie Gräfin von Tattenbach erstanden hatte. Im nach ihr benannten Tattenbachpalais befinden sich heute die Büroräume und angrenzend der Forstbetriebshof der Stadtforstverwaltung. Der Erwerb des südlichen Stadtwaldes jährt sich im Jahr 2024 zum hundertsten Mal.

Der Waldbesitz außerhalb des Stadtgebietes

Die Stadtforstverwaltung besitzt über den Stadtwald innerhalb des Stadtgebietes hinaus fünf andere Reviere, die außerhalb der Stadtgrenzen liegen. Diese wurden von den Augsburger Stiftungen im dritten Reich an die Stadt verkauft, damit sie nicht dem nationalsozialistischen Reichsfiskus zufallen. Um dies finanziell auszugleichen erhalten die Stiftungen noch heute gemäß den damaligen Flächenanteilen 83% der Einnahmen aus dem Wald außerhalb des Stadtgebietes. Der Augsburger Stadtwald trägt also heute noch dazu bei, die Erfüllung von sozialen und kulturellen Aufgaben in der Stadt zu finanzieren.

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