Als „schwer nachvollziehbar“ hat der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum Tarifeinheitsgesetz (TEG) am 11. Juli 2017 bezeichnet.
„Mit seiner Entscheidung, den gesetzlichen Eingriff in die Tarifautonomie und die Koalitionsfreiheit des Einzelnen grundsätzlich zuzulassen, heben sich die Bundesverfassungsrichter deutlich von der beeindruckenden Phalanx der zahlreichen und namhaften Verfassungs- und Arbeitsrechtler ab, die das TEG von Anfang an als eindeutig verfassungswidrig und darüber hinaus undurchführbar abgelehnt haben. Folgt man nun dem Bundesverfassungsgericht, dann lässt sich aus Sicht des Ersten Senats das Tarifeinheitsgesetz mit einigen Änderungen durch den Gesetzgeber, enge Auslegung und vielfache Einbindung der Arbeitsgerichte verfassungskonform umgestalten“, sagte Dauderstädt unmittelbar nach der Urteilsverkündung. „Dem mag man folgen oder nicht. Leider jedoch werden die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Änderungen und Ergänzungen das Gesetz kaum praktikabler machen. Auf die Arbeitsgerichte kommen enorme Belastungen zu. Das Gericht hat erkannt, dass das TEG keine Vorkehrung dafür trifft, die Interessen der Minderheitsgewerkschaften zu wahren. Hier verpflichtet Karlsruhe den Gesetzgeber, dies bis zum 31. Dezember 2018 zu korrigieren.“
dbb prüft weitere rechtliche Schritte gegen Zwangstarifeinheit
Der dbb-Chef machte klar, dass das Tarifeinheitsgesetz auch in der neuen Form zu einer Verschärfung der Konkurrenzsituation zwischen den Gewerkschaften führen wird. „Mit der Verlagerung der Tarifpolitik auf die Betriebsebene wird die Idee des Flächentarifs gänzlich zerschossen. Und soweit tatsächlich zahlenmäßig kleinere, aber gleichzeitig hochgradig organisierte Gewerkschaften verdrängt werden, haftet dem TEG weiterhin ein eklatantes Demokratiedefizit an. Dem werden wir nicht tatenlos zusehen“, kündigte der dbb-Chef an. „Wir werden uns intern beraten und das Urteil im Detail analysieren. Danach werden wir unseren Kampf gegen die gewerkschaftsfeindliche Zwangstarifeinheit fortführen – politisch und wenn nötig mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Deutschlands Sozialpartner brauchen keinen Dompteur, sie können auch ohne gesetzliche Zwangstarifeinheit verantwortungsvoll mit ihren Rechten umgehen und individuell wie für das Gemeinwesen tragbare Kompromisse aushandeln“, machte Dauderstädt deutlich.