Waldbezogene regional- und landesbedeutsame Landschaftsräume

Wald ist ein gewichtiger Ausschnitt der Kulturlandschaft als Abbild gesellschaftlicher Ansprüche an eine sich durch den wirtschaftenden und gestaltenden Menschen stetig anpassende Landschaft. Die beschriebenen natürlichen Bedingungen und aufgezeigten historischen Entwicklungen müssen bekannt sein, wenn man den Raum in seiner heutigen Ausprägung verstehen will. Besonderheit des Rhein/ Ruhrgebietes ist das wahrnehmbare Nebeneinander kulturhistorischer Epochen, seien es die prähistorischen Zeugnisse der Altsteinzeit (Paläolithikum), Reste Römischer Herrschaftsgeschichte, Adelssitze oder Klöster des Spätmittelalters oder der Frühen Neuzeit, stillgelegte Industrieanlagen des frühen Industriezeitalters, gewachsene Bergarbeitersiedlungen, die Parklandschaften postindustrieller Landschaftsräume oder moderne Hochbauten des neuen etablierten Dienstleistungssektors. Alles ist hier zu haben – und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft. Zahlreiche historische Zeugnisse von steinzeitlichen Hügelgräbern über mittelalterliche Landwehren  bis hin zu Resten über 100-jähriger, extrem immissionsgeschädigter Kiefernbestände mit typischen kurzschaftigen Stämmen und fahnenförmigen Kiefernkronen.

 

Wald war hier immer ein prägendes Landschaftselement. Den Wald in der Rolle als Kulturlandschaftselement zu betrachten und zu gestalten, ist eine identifikationsstiftende Aufgabe der Forstwirtschaft, muss dann aber auch eine dieser Bedeutung entsprechende Wertschätzung erfahren.

 

Die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen- Lippe haben eine Liste und Beschreibung regional bedeutsamer und landesbedeutsamer Kulturlandschaftsbereiche in NRW erstellt. Im Rhein- Ruhr- Raum sind es allein 11 der insgesamt 29 kartierten landesbedeutsamen Teilräume. Im Folgenden seien diese aufgeführt und die Rolle des Waldes darin beschrieben:

 

a)    Mittlere Niers (Nr. 12.02) im Stadtgebiet Viersen: Steinzeitliche Siedlungs- und Rastplätze, Motten und Siedlungsfunde aus römischer und mittelalterlicher Zeit. Aus jüngerer Zeit Herrenhäuser und Parkanlagen mit kleinen landschaftsprägenden Waldparzellen.

b)   Haltern – Lippe – Haard (Nr. 14.01) in Marl, Oer-Erkenschwick, Datteln: Römerlager; archäologische Fundlandschaft für Siedlungen und Gewerbe, v.a. aus der Steinzeit; Heidelandschaft; Bergbau-Industrie- „Museumslandschaft“; Erholungslandschaft → Wald als Haupt-Flächennutzungsart für alle historischen Fundstellen; Wald auch als Industrie- Folgelandschaft

c)    Zollverein – Nordstern (Nr. 14.18) in Essen, Gelsenkirchen: montanindustrielle Kulturlandschaft des 19. und 20. Jahrhunderts → postindustrielle Landschaftsarchitektur mit Wald auf ehemaligen Industriebrachen („Industriewald“)

d)    Ruhrtal (Nr. 14.31) zwischen Mülheim und Hagen: historische und prähistorische Siedlungen; Bergbauanlagen und –siedlungen des 19. Jahrhunderts; Burgenlandschaft entlang der Ruhr; historische Ortskerne → entlang des Ruhrtals breiter Waldsaum, v.a. in Ufer- Steilhanglage als landschaftsprägendes Element; mit Aufgabe des Bergbaus neue Rolle des Ruhrtals als Erholungsraum mit häufiger Waldbezogenheit

e)    Römische Limesstraße (Nr. 19.05) zwischen Bonn und Kreis Kleve:  Historische Römische Verkehrswege mit angrenzenden historischen Siedlungen und Infrastruktur → Limesverlauf noch sehr prägnant, wo er durch den Wald verläuft; ansonsten Verlauf am Rhein 

f)     Köln (Nr. 19.08) in Köln: Seit vorgeschichtlicher Zeit Siedlungsplätze und Stadtentwicklung mit dem Dom als Krönung. Benannt auch der Grüngürtel und Parkanlagen; Wald also als landschaftsästhetisches Grün (Urban forestry)

g)    Brühler Schlösser – Vorgebirge (Nr. 19.10) in Brühl, Wesseling, Bornheim: römische und mittelalterliche Siedlungsplätze, barocke Schlösser, allerdings ohne besondere Wälder – eher sogar sehr waldarm

h)    Tal der Wupper (Nr. 20.04) in Solingen, Leichlingen, Remscheid, Wuppertal: Siedlungs- und vor allem Industrie-kulturgeschichtliche Standorte mit im Süden flussbegleitenden Wäldern des Bergischen Landes

i)     Wahner Heide – Siegburg (Nr. 22.06) zwischen Siegburg und Köln-Wahnheide: Zeugen steinzeitlicher bis mittelalterlicher Siedlungs- und Industriegeschichte, verbunden mit waldgeschichtlicher Historie. Offene und halboffene Wälder und Heiden mit besonderen ökologischen Highligths

j)     Römische Straße Köln – Heerlen (Nr. 24.03) westlich Köln: römische Straßentrasse mit begleitender Infrastruktur, aber ohne besondere Wälder

k)    Siebengebirge (Nr. 29.02) in Bonn: der nördliche Teil des geologisch, industriekulturell und siedlungsmäßig vielschichtigen Siebengebirges. Intensiv erholungsmäßig genutztes Waldgebiet von besonderer stadtgestalterischer Bedeutung. Erstes Naturschutzgebiet Deutschlands

 

Die Erläuterungen zeigen bei der Hälfte der landesbedeutsamen Kulturlandschaftsräume (bei: b, d, h, i und k) eine herausgehobene Bedeutung des Waldes auf. Wald ist dort der Hauptgrund der Ausweisung. Da es sich um einen stark anthropogen umgestalteten Raum handelt, war dies nicht unbedingt zu erwarten.

 

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